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ullis Mama(R)

27.08.2013,
19:31 Uhr
 

Obduktionsbericht (Sonstiges)

Sehr geehrte Frau Jorch
und an alle hier, die ihr Baby durch SIDS verloren haben,

fast traue ich mich nicht, dieses Thema hier mit meiner persönlichen Betroffenheit anzusprechen, jedoch hoffe ich darauf, von Ihnen / Euch allen Mut zu Nachforschungen gemacht zu bekommen und auch Rückenstärkung für mein Vorhaben zu erhalten...
Es ist so lange her: unser kleiner Sohn ist schon vor 46 Jahren (1967 mit
4 Monaten u. 3 Tagen, n a t ü r l i c h kerngesund und kräftig) an SIDS in unserem Urlaub auf Sylt in der Ferienwohnung gestorben. Die Notärzte in der heutigen Asklepiosklinik dort konnten ihn nicht mehr retten.-

Der Körper unseres Kleinen wurde beschlagnahmt und wir Eltern weggeschickt, ohne einen Hinweis auf die vorgesehene Obduktion, geschweige denn auf evtl. Organentnahmen. Die polizeiliche Untersuchung folgte natürlich kurze Zeit später und man gestattete uns, nachhause nach Köln zu fahren, was wir auch Hals über Kopf getan haben.-
Es dauerte einige Tage bis unser totes Kind freigegeben wurde und wir es nach Köln überführen lassen konnten. Über eine Obduktion in dieser Zeit wurden wir nicht informiert!
Eigentlich möchte ich es heute nicht mehr wahrhaben und schäme mich sehr, dass ich das Vorgehen meines damaligen 1. Mannes und Vater des Kindes mitgetragen habe!!! Er war als sehr junger Mann im 2. Weltkrieg und ist verwundet aus Russland heimgekommen, gehörte somit der "Generation der Verdränger" an. (Erst in den letzten Jahren beginnt "man" ja heute ganz langsam verdrängtes Kriegserleben aufzulegen und sich einer gewissen Verarbeitung zu öffnen.)

Darüber hinaus hielt sich auch die gesamte Verwandtschaft an diesen Verdrängungsmechanismus: Traurigkeit zu zeigen war "nicht erlaubt" im Sinne des Spruches: Dies sind die Starken im Lande, die ...eigenes Leid verbergen und anderen Freude machen", in dessen Sinne auch ich erzogen worden bin. Somit wurde allerseits über unser 1. Kind geschwiegen, es hatte sozusagen gar nicht existiert...., absolut unglaubbar und unmenschlich!!!
***********************
2 wunderbare gesunde Töchter folgten dem Jungen und sie "sollten ja in keinem Fall mit dem Verlust ihres Bruders belastet werden"!

Trennung und Scheidung vom Kindsvater waren nach kurzer Zeit längst vollzogen, und unlängst ist er selbst verstorben:
in diesem Jahr nun ist bei mir endlich(!!!) eine unglaublich starke Trauer um mein Kind in den Erinnerungsmonaten seiner kurzen Lebenszeit explosionsartig hervorgebrochen; offenbar fühle ich mich jetzt erst stark genug und bereit dazu!!!
Dringendst möchte ich nun soviel wie noch eben möglich zu den Umständen um den Tod meines 1. Kindes in Erfahrung bringen.-
Wahrscheinlich existieren nach all der Zeit gar keine Unterlagen mehr, wie mir vom Einwohnermeldeamt Sylt mitgeteilt wurde, aber ich möchte es trotzdem bei der zuständigen Staatsanwaltschaft versuchen, vielleicht den Obduktionsbericht einem möglichen Archiv zu entreißen. Weiß jemand von Ihnen / Euch vielleicht irgendetwas zum Thema *Verjährung*, d.h. der Frist bis solche Akten vernichtet werden?

Ich hoffe und bete...
mit liebem Gruß
ullis Mama

Nata(R)

28.08.2013,
19:32 Uhr

@ ullis Mama

Obduktionsbericht

Hallo Ullis Mama,

bei mir ist es inzwischen 12 Jahre her. Mir hat man mal gesagt, dass Proben 10 Jahre aufbewahrt werden und Unterlagen teilweise sogar 30 Jahre. Wie Du wahrscheinlich selbst schon festgestellt hast, verwirrt googeln mehr als dass es hilft..Die Idee mit der Staatsanwaltschaft ist doch gut! Wenn irgendwer noch was hat nach so langer Zeit, dann vermutlich die Staatsanwaltschaft. Ich wünsche Dir, dass es Dir hilft. Ich habe damals mit dem zuständigen Arzt gesprochen, der meine Tochter obduziert hat. Ich musste ihn einfach anrufen. Es hat mir keine Ruhe gelassen - ich hatte verschiedene Fragen. Aber es kam raus, was eigentlich immer rauskommt: Das Kind war gesund und hatte nix, außer dass es eben tot war. Den Bericht selber habe ich aber nicht gesehen.
Jedenfalls kann ich gut verstehen, dass dich dein Verlust nach so langer Zeit heimsucht. Und es tut mir sehr, sehr leid, dass Du Dein Kind hergeben musstest. Ich habe hier im Forum auch meine Geschichte aufgeschrieben und es hat mir sehr gut getan - ich finde es toll, dass Du den Mut hast, Dich damit auseinander zu setzen und hier schreibst!
Man hat auch nach langer Zeit noch das Recht traurig zu sein! Auch wenn die Umwelt das oft anders sieht.

Ganz liebe Grüße

Nata

ullis Mama(R)

29.08.2013,
12:03 Uhr

@ Nata

Obduktionsbericht

Hallo, Nata, Du Liebe...
ich habe mich so gefreut über Deine schnelle Antwort auf meinen Eintrag und fühle mich sehr, sehr verstanden. DANKE, DANKE, DANKE dafür!!! Es tut so gut... :D :D :D

Wie Du in dem Bericht über Deine kleine, süße Marlene - welch ein schöner Vorname - schreibst, erlebte ich beim Lesen vieles aus meiner Situation von vor 46 Jahren wieder und ich bin (wie schon unzählige Male hier im Forum) in Tränen ausgebrochen: so verbunden fühlte ich mich Dir heute mit der Erinnerung an Deine Kleine und meinen Kleinen! Die Trauer versiegt nie, gleich wie lange es her ist - das wird ja auch von vielen hier bestätigt. Bei mir war es in all der Zeit so, dass ich immer latent und auch heimlich für mich getrauert habe, vor allem in den Monaten von Mai-September, der kurzen Lebenszeit meines Kleinen. In diesem Jahr aber... Du hast es ja gelesen und ich vermute, es hat sich jetzt erst
in meinem Leben vieles geklärt, vor allem größte Sorge um das Wohlergehen meiner beiden Töchter (beide in einer jahrelangen psychotherapiebegleiteten Auseinandersetzung / Bearbeitung einer lebenslangen Schädigung durch ihren Vater an ihrer kindlichen Seele, wobei meine Unterstützung als MUtter immer zwingend notwendig war).
Die Trennung vom Vater der beiden, durch mich entschieden, erfolgte nicht grundlos.- Beide jungen Frauen sind seit einiger Zeit auf einem wirklich guten Weg und ich habe mich endlich(!!!) beruhigt, was mir nun wohl den Weg zu meiner abgrundtiefen Trauer um den von ihnen nie kennengelernten Bruder eröffnet hat?!
Du merkst, ich schreibe auch so was von ungebremst, denn es hilft wirklich, (was mir diverse Therapien u. Gesprächskreise nicht bringen konnten, denn die wurden von zugewandten, jedoch leider "nicht-wissenden" = betroffenen Fachmenschen begleitet.-)

Ich bewundere Deinen Mut, liebe Nata, Dich der Stimme und den Infos der Ärzte auszusetzen, eben dass Du Deiner inneren Stimme gefolgt bist bei den Erkundigungen über Marlenchen: Du hast sie noch einmal auf den Arm genommen und ihre Augen angeschaut - ich bekomme eine Gänsehaut vor Berührung und es schmerzt mich nun umso mehr, dass ich dem Gebot meines damaligen Mannes gefolgt bin, meinen Ulli nicht nochmal anzuschauen und Abschied von meinem Schatz zu nehmen, obwohl ich darauf bestanden hatte! Die Ärzte folgten damals diesem Ansinnen des Vaters und ich könnte bei dem Gedanken schon seit langem geradezu wahnsinnig werden! Heute würde ich mir so vieles nicht mehr gefallen lassen, aber damals war eine andere Zeit, s. Schweigen über Schicksalsschläge...
Nun bin ich eben dabei, soviel wie eben noch möglich über die Todesumstände meines süßen Söhnchens herauszufinden, wobei ich nicht locker lassen werde - das kannste mir glauben! Bei der Trennung hat der Kindesvater mir sämtliche Unterlagen / Kopien) verweigert und gerade bekam ich ein Schreiben der Stadt, dass beim Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln auch Geburts-, sowie Sterbeurkunde meines Kindes mit verschüttet wurden und allenfalls Kopien evtl. beschafft werden könnten.... tut auch weh!
Wahrscheinlich werde ich nach Sylt reisen - mein 2. Mann wird mich tröstend begleiten -. Im Zuge dessen tut mir das Verhalten Deines 2. Mannes unglaublich leid für Dich, wenn es wohl - sorry - eine "typisch männliche" Verhaltensform des Umgangs mit solch einem schrecklichen Thema darstellt und b e s t i m m t nichts mit seiner Liebe zu Dir zu tun hat, da bin ich sicher!!!
*****************
Ein Mitarbeiter des Sylter Infobüros hat mir nach meiner Erinnerungsbeschreibung in sehr einfühlsamen Worten die Klinik beschrieben, in welcher mein Kleiner noch angeschaut wurde. Evtl. kann ich dort noch an Untersuchungsunterlagen kommen, wenn ich einen hiesigen Arzt dabei einschalten könnte, ansonsten wird wohl die 10-Jahres-Frist der Verjährung eingehalten. Toll wär, wenn es denn vielleicht 30 Jahre sein könnten, wie Du geschrieben hast, aber nun sind es ja auch über 40... aber wie dem auch sei, ich werde hartnäckig sein.- Die Staatanwaltschaft werde ich auf jeden Fall erst mal anschreiben.
Liebe Nata, ich mach jetzt mal Schluß und danke Dir für Deine große Bereitschaft, mir ermutigend zur Seite zu stehen, - es hat schon gewirkt -
vielleicht hören wir ja noch etwas voneinander, ich bin selbstverständlich sehr offen dazu,
liebe Grüße und ich drück Dich in meinen Gedanken
ullis Mama Ursula

ullis Mama(R)

30.08.2013,
09:37 Uhr

@ Nata

Obduktionsbericht

Liebe Nata heute morgen,

mir ist etwas aus meinem Beitrag an Dich von gestern "siedend heiß" und unangenehm beim nochmaligen Durchlesen (er war da schon gepostet) in Bezug auf Deinen Mann und Deine Trauer um Marlene aufgefallen: der Ausdruck "typisch männlich" war von mir unklar, sowie total ungeschickt gewählt und er sollte auf keinen Fall diskriminierend sein! Noch einmal sorry!!!
Deshalb schließe ich mich "Schnecke" in einem ihrer Postings an, das betreffende Datum weiß ich gerade nicht, Dein Mann versucht Dich zu verstehen und zu trösten! Mein Mann, ja auch nicht Ullis Vater, hat mir gesagt, das Schreiben im Forum oder eine angedachte Trauergruppe würde mir doch nicht helfen, eine erneute Einzeltherapie dagegen wäre angebracht, was ich wiederum nicht nachvollziehen kann!!!
Darüber hinaus: mit "typisch männlicher Verhaltensweise" meine ich subjektiv : in meinem Leben habe ich es immer wieder selbst mitbekommen und auch von anderen Frauen in Gesprächen erfahren, dieses Sich-Verschließen und Mit-sich-selbst-Ausmachen von Trauerbewältigung und Problemlösung entspricht (wohl nicht allen, aber vielen) Männern eher, als das Darüber-Sprechen, welches für uns Frauen"typisch" und hilfreich ist.

Liebe Nata, also bitte nix für ungut
ich hoffe ein potentielles Mißverstehen aus der Welt geschafft zu haben
und grüße Dich herzlich
ullis Mama Ursula

Nata(R)

30.08.2013,
21:33 Uhr

@ ullis Mama

Obduktionsbericht

Liebe Ursula,

gar kein Problem. Ich habe Dir eine PN über das Forum geschickt.

Liebe Grüße

Nata

Schnecke(R)

31.08.2013,
21:52 Uhr

@ Nata

Obduktionsbericht

Hallo nata und ullis Mama,

beim mir ist es mittlerweile auch 19 Jahre her das ich meinen Sohn verloren habe. Ich hatte das Glück, dass ich direkt nach der Obduktion mit dem Arzt sprechen konnte und es hat mir sehr geholfen.
Denn bei mir kamen die Gedanken auf, dass im Krankenhaus wo wir 3 Tage vorher noch waren und er von Kopf bis Fuss untersucht worden ist, etwas übersehen worden ist. Dieses war aber nicht so.
Mein Exmann hat es zwar hart getroffen, aber reden wollte er leider nicht wirklich darüber. Ich habe ihn eigentlich dazu genötigt, sonst wären wir beide daran zerbrochen. Vielleicht war mein Glück auc das ich noch ein Kind mit etwas über 2 hatte und ich immer da sein mußte.
Ich hoffe das ihr beide euren Weg findet mit der Situation fertig zu werden.

Lieber Gruß

Silke

ullis Mama(R)

02.09.2013,
18:09 Uhr

@ Schnecke

Obduktionsbericht

Hallo Schnecke, liebe Silke
Du hast uns / mir ja ganz lieb geschrieben, dafür danke ich Dir herzlich und fühle mich verstanden!!!
Ganz besonders wichtig war für mich , zu lesen, dass Dein Kind, noch kurz bevor Euer Unglück geschah, untersucht worden war und nichts Verdächtiges sich gezeigt hatte.- Wie kann so etwas nur sein??? ... und wie gut, dass Euer Obduzent so vernünftig mit Dir gesprochen hat, so dass Du Dich daran halten konntest und Dir etwas geholfen wurde!
Auch mit meinem Ulli war ich eine Woche vorher beim Kinderarzt, da war der quietschfidel und kräftig und scheinbar kerngesund... er drehte sich ohne Mühe vom Rücken auf den Bauch und wieder zürück und machte die ersten Sitzversuche, wie kann da so was passieren? (Ulli schlief nach Ärzteempfehlung in diesen Jahren auf dem Bauch, hatte aber das Köpfchen zur Seite gedreht, als wir ihn leblos fanden.)
Der Arzt lso "segnete unsere Urlaubspläne ab" und die Tragödie nahm ihren Lauf. Übrigens wußte dieser Arzt hinterher nix dazu zu sagen und ließ uns allein mit unseren Fragen und unserem unaussprechlichen Leid, wie so viele hier im Forum.-
Nun versuche ich bausteinchenmäßig noch ein bisschen über die Todesumstände meines Kindes hier zusammenzusetzen und schreibe Gott und die Welt an, um etwas zu erfahren.
Dir lieben Gruß und nochmal DANKE für Deine Antwort hier
ullis Mama Ursula

Omaoma(R)

10.09.2013,
20:50 Uhr

@ ullis Mama

Obduktionsbericht

Hallo Ursula,

gerade habe ich Deinen Bericht erst gelesen und bin erschüttert. ich bin zwar nur die Oma und weiß nicht, ob ich alles nachempfindn kann, aber ich glaube, auch nach so vielen Jahren kommt man nicht los von unseren Sternen- Schmetterlingskinder. Es tut mir so leid für alle, die ein Kind verlieren.
Liebe und traurige Grüße

Omaoma

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