Mia (Trauer)
Liebe traurige Mama,
es zerreißt mir das Herz, wenn ich Deinen Brief lese und gleichzeitig denke ich, es ist ein großes Glück, die Psychologin zu haben - zum Reden, auch wenn sie momentan nicht da ist und auch die Selbsthilfegruppe... Dabei glaube ich , ist die Gruppe noch viel wichtiger zum Auffangen in diesem unausprechlichen Leid, besteht doch aus lauter trauernden Angehörigen, nicht wahr?
Nichts gegen psychologische Hilfe, bin selber sozusagen aus der Zunft, ich weiß nur, dass jemand, welcher nichts ähnliches erlebt hat wie Ihr, Euch lediglich Strategien, an Hand geben kann, wie z. B. sich auszuklinken vom persönlichen Unglück und das tut sie ja.-
Mich hat damals nach dem Tod unseres Söhnchens das Aufschreiben seine kleinen, kurzen Lebensgeschichte von 4 Monaten von meiner Verzweiflung etwas abgelenkt, ich war ihm damit wieder ganz nah... ebenso habe ich ein Fotoalbum nur über ihn zusammengebastelt und auch dieses hat mich aus der Fixiertheit auf mein Unglück ein bisschen herausgeholt!
Darüber hinaus, denn ich / wir konnten mit niemanden sprechen, auch nicht miteinander als Eltern - es spielte sich alles innerlich und ohne Rückenstärkungen von außerhalb ab -, hat mich die Hoffnung auf ein Folgekind, noch irgendwie aufrecht gehen lassen, allerdings veränderte sich diese Haltung mit jedem Kinderwagen, den ich sah, in ein innerliches Wanken, für die Außenwelt unsichtbar!
Unser 2. Kind kündigte sich dann 4 Monate später an!
Damit und mit einem außerordentlichen Ausmaß an Verdrängung der jüngsten Ereignisse gelang diese Schwangerschaft! Ich weiß nicht, wie es mir / uns gegangen wäre, wäre ich nicht so schnell wieder schwanger geworden...????
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Bemerkenswert finde ich, dass Du die wichtigste Babyausstattung auf den Speicher geräumt hast - dies haben wir damals auch (wahrscheinlich unbewusst) getan und bei uns war es wie ein Ausdruck der unbedingten Hoffnung auf ein neues Baby...Anziehsachen usw. haben auch wir weggegeben, das hätte ich nicht ertragen können, aber das Bettchen, den Kinderwagen und alles größere an Ausstattung hat auf das Schwesterchen von unserem Sohn "gewartet".
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Wäre es vielleicht eine Möglichkeit für Euch, vom Ort des schrecklichen Geschehens ein bisschen Abstand durch ein paar Tage Urlaub zu nehmen? Das ist manchmal auch hilfreich, sich etwas abzugrenzen und Ablenkung zu finden.-
Jetzt grüße ich Dich / Euch ganz lieb und bin in Gedanken öfter bei Euch so Unglücklichen, was ich so stark nachfühlen kann
Eure ullis Mama
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